
Advanced Chinese Medicine
Jenseits von Behandlungsstilen – Die Entwicklung einer Meta-Praxis in der PharmakologieProf. Dr. Volker Scheid (dt.)
Termine
10 Module – Januar 2020 bis Januar 2023
Nächste Termine:
Modul 4: München 29. – 31.01.2021
Modul 5: Berlin 16. – 18.04.2021
Modul 6: Berlin 05. – 07.11.2021
Modul 7: München 11. – 13.02.2022
Modul 8: Berlin 29.04. – 01.05.2022
Modul 9: München 11. – 13.11.2022
Modul 10: Berlin 20. – 22.01.2023
Kurszeiten:
Fr 9 – 18 | Sa 9 – 18 | So 9 – 16 Uhr
Dieser Kurs hat schon gestartet und kann nicht mehr gebucht werden.
Er wird in Kooperation von Shou Zhong und dem ABZ München veranstaltet.
Broschüre als PDF: AdvancedChineseMedicine-2020-23-Broschüre Kursinhalte als PDF: AdvancedChineseMedicine-2020-23-Termine
Die Entwicklung einer Meta-Praxis in der Pharmakologie
Im Laufe des letzten halben Jahrhunderts hat sich unser Verständnis davon, was Chinesische Medizin ist und wie sie erlernt und praktiziert werden sollte, grundlegend geändert. Während wir uns Chinesische Medizin früher als ein einzelnes, eindeutiges medizinisches System vorstellten, wissen wir nun, dass es sich tatsächlich um eine Familie von vielen unterschiedlichen Behandlungsstilen handelt. Allein in der Akupunktur gibt es die Tung-Schule, die Tan-Schule, die verschiedenen Stile der japanischen Meridiantherapie, die Akupunktur der 5 Elemente nach Worsley, die Akupunktur der Stämme und Zweige, Koreanische Hand-Akupunktur, TCM-Akupunktur, die Schädelakupunktur – um nur einige zu nennen. In der Kräutermedizin gehören zu den derzeit beliebten Stilen unterschiedliche jingfang Stile also Stile der „Klassischen Rezepturen“, der TCM-Stil (der eigentlich eine Art shifang Stil also eine Schule der “modernen Rezepte” ist), Koreanische Konstitutionstherapie und viele andere mehr. Was sollten wir also tun? Sie alle erlernen? Einige von ihnen? Welche, und warum diese und nicht die anderen?
Diese Problematik ist natürlich nicht neu und hat die Therapeute*innen der chinesischen Medizin nun schon fast 2000 Jahre lang beschäftigt. In dieser Zeit haben sich drei grundlegende Herangehensweisen herausgeschält:
– Sich auf einen Stil zu fokussieren
– Verschiedene Stile zu einem neuen Stil zu kombinieren
– Eine Meta-Praxis zu entwickeln, die die Möglichkeit eröffnet, erfolgreich mit verschiedenen Stilen zu arbeiten.
Was ist eine Meta-Praxis?
Meta-Praxis ist eine Methode, um erfolgreich mit verschiedenen Praxisstilen zu arbeiten. Sie geht davon aus, dass der menschliche Geist begrenzt ist und ebenso seine Versuche, die Welt in Denksysteme oder Praxisstile einzuordnen. Der menschliche Geist ist jedoch auch wunderbar flexibel und in der Lage, in verschiedenen Sprachen und Vorgehensweisen zu denken und zwischen diesen zu übersetzen. Er kann Muster finden und mit ihnen arbeiten, ohne darauf zu bestehen, dass sie alle demselben System angehören. Das ist eine Meta-Praxis. Im Gegensatz zu dem geschlossenen System eines einzelnen Stils ist eine Meta-Praxis sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft offen. Dies hat zwei wesentliche Vorteile.
Erstens werden Sie flexibler, wenn Sie die Behandlung auf Ihre Patient*innen abstimmen wollen, denn der Behandlungsprozess ist nicht mehr von dem Stil geprägt, in den Sie Ihre Patient*innen einordnen müssen, sondern direkt an den Bedürfnissen Ihrer Patient*innen orientiert. Wenn Sie z.B. immer versuchen, das Problem einer Patientin mit ihrer Konstitution zu verknüpfen, weil das ihr Praxisstil erfordert, ist es höchst unwahrscheinlich, dass Sie Epidemien wirksam behandeln können. Oder, wenn die von Ihnen verwendeten Rezepturen ausschließlich aus Han-Dynastie stammen dürfen, ist es unwahrscheinlich, dass Sie sehr gut Schleim oder feuchte Hitze behandeln können.
Zweitens können Sie mit der Meta-Praxis Ihre klinischen Fähigkeiten systematisch erweitern, ohne durch das bereits Erlernte eingeschränkt zu sein. Natürlich tun wir das alle bis zu einem gewissen Grad. Aber wenn wir es bewusst und selbstreflektiv machen, wird dieser Prozess deutlich produktiver.
In der langen Geschichte der chinesischen Medizin gibt es viele Ärzte, die ihren eigenen Stil propagieren, viele andere, die versuchen, Unterschiede zu synthetisieren, und ebenso viele, die uns sagen, dass eine erfolgreiche Therapie auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sein muss, nicht auf die Krankheit oder das Muster. Nur wenige lehren uns ausdrücklich, wie man Meta-Praktiker*in wird.
Kursstruktur
Der Kurs besteht aus zehn dreitägigen Modulen mit insgesamt 30 Kurstagen, die über drei Jahre hinweg unterrichtet werden.
Jedes Modul ist auf eine bestimmte körperliche Substanz (Qi, Flüssigkeiten, Blut, Essenzen) und / oder ein Pathogen (Wind, Kälte, Feuer, Feuchtigkeit, Trockenheit, Toxine) ausgerichtet. Jedes einzelne Modul bietet einen detaillierten Einblick in:
– die Physiologie dieser Substanzen – ihre Produktion, Umwandlung und Zirkulation,
– ihren Bezug zu den Organfunktionen – sowohl insofern sie diese Funktionen ermöglichen, als auch insofern sie davon abhängig sind,
– und in deformierte Substanzen, die zu Pathogenen werden – Wind als eine spezifische Art von unkontrolliertem Qi – Toxine als lokale Konzentration von Hitze – Feuchtigkeit als Überschuss an Körperflüssigkeiten usw.
Im Laufe des Kurses erhalten Sie so ein tieferes Verständnis der körperlichen Prozesse von Gesundheit und Krankheit, das auf konkreten Körperstrukturen und sichtbaren / tastbaren Funktionen beruht.
Volker Scheid wird dann mit Ihnen die Kernpathologien für jede dieser Substanzen und / oder Pathogene untersuchen und die Behandlungsstrategien definieren, die erforderlich sind, um mit diesen Pathologien umzugehen.
Sobald die Prinzipien dieser Behandlungsstrategien klar sind, werden Sie zusammen mit Volker Scheid die Umsetzung der Strategien in die klinische Praxis erarbeiten:
– Dazu verwenden Sie eine kleine Anzahl von Schlüsselarzneimitteln und Kräuterkombinationen (dui yao), die dann zu Bausteinen für die Zusammenstellung komplexerer Rezepturen werden.
– Diese Schlüsseldrogen wird Volker Scheid noch einmal eingehend hinsichtlich ihrer Wirkung mit Ihnen besprechen und gegenüber ähnlich wirkenden Drogen abgrenzen.
– Sie werden berühmte Rezepte als Beispiel für die Zusammenstellung von Kräuterkombinationen untersuchen, ohne diese Beispiele als Zwangsläufigkeit für Ihre klinische Praxis zu verstehen.
Schließlich werden Sie dies alles zusammenfügen, indem Sie mit Volker Scheid Fälle aus der Literatur und aus seiner Praxis besprechen, sowie 1-3 Patientenvorstellungen pro Modul durchführen. Nach Abschluss der Ausbildung verfügen Sie über eine ganze Reihe von Werkzeugen, deren Verwendung Sie im Laufe der Zeit verfeinern und für Ihre eigenen Praxisanforderungen präzise anpassen können.
Dozent
Prof. Dr. Volker Scheid (PhD., BA(Hons), FRCHM, MBAcC), praktiziert chinesische Medizin seit 1984 in eigener Praxis und unterrichtet seit 1995 in Deutschland, England, den USA, Australien sowie anderen europäischen Ländern. Als Hauptautor von „Formulas and Strategies, 2nd enlarged and revised edition„, der Neuauflage des Standardwerkes zur chinesischen Arzneimitteltherapie, und des Handbook of Chinese Medical Formulas ist er einer der führenden Kenner der chinesischen Rezepturenkunde im Westen. Seit über zwanzig Jahren verbindet er diese Tätigkeit mit international renommierter interdisziplinärer Forschungsarbeit auf dem Gebiet der ostasiatischen Medizin und Wissenschaftsgeschichte. Er ist Gastprofessor an der University of Westminster, London, wo er bis 2018 das EASTmedicine Research Institute leitete, und an der Zhejiang Universität für Chinesische Medizin. Er ist Autor von zwei einflussreichen Monographien, die sich mit der historischen Entwicklung der chinesischen Medizin im spätkaiserlichen und modernen China befassen, Chinese Medicine in Contemporary China (Duke 2002) und Currents of Tradition in Chinese Medicine, 1626-2006 (Eastland Press 2007), sowie von mehr als dreissig Artikeln und Kapiteln in wissenschaftlichen Publikationen. Currents of Tradition wurde ins Chinesische übersetzt und 2016 in China veröffentlicht. Das Wissen, das sich Prof. Scheid im Verlauf seiner Forschungsarbeiten erarbeitet hat, beeinflusst maßgeblich seinen Stil in Unterricht und Praxis.